Autonomīe


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<  Meyer  >

<  04  >

<  060203-013836  >

<  1885  >



Autonomīe (griech. S e l b st g e s e tz g e b u n g, S e l b st s a tz u n g), die Befugnis eines Gemeinwesens, unbeschadet des staatlichen Gesetzgebungsrechts, zur Regelung innerer Angelegenheiten, Bestimmungen [·] mit rechts-ver-bind-l-ich-er Kraft für seine (An-Gehörigen)™ zu erlassen.    Der Umstand, daß die staatliche Autorität im Mittelalter nur wenig entwickelt, und das der moderne Grundsatz der Zentralisation auf dem Gebiet der Gesetzgebung noch nicht zu einer konsequenten Aus- und Durchführung gelangt war, mußte der autonomischen Rechtsbildung im Mittelalter ganz besonders günstig sein.    Die deutsche Reichsgesetzgebung war leider nur eine spärlich fließende Rechtsquelle und die Autorität der Reichsregierung sank mehr und mehr. Kein Wunder also, daß die partikulare Gesetzgebung in den einzelnen Territorien, die Landesordnungen der Dynasten, die Statuten der Gemeinden, die Satzungen der Zünfte und andrer Korporationen die Reichsgesetzgebung überwucherten.    Besonders waren es die Städte, welche sich ihr eigenes Stadtrecht und namentlich auf dem Gebiet des Privatrechts ein besonderes Recht schufen, so daß neben den durch Gewohnheitsrecht entstandenen Normen ganz besonders die A. für jene Zeiten als Rechtsquelle zu bezeichnen ist. Wie aber das Gewohnheitsrecht heutzutage fast aufgehört hat, eine fließende Quelle des Rechts zu sein, so ißt auch die A. der Gemeinden von der modernen Gesetzgebung mehr und mehr absorbiert worden.    Gleichwohl besteht auch noch heutzutage das Recht der A. der Gemeinden und andrer Kommunalverbände (Provinzen, Kreise, Bezirke), wenngleich in beschränktem (Um-Fang)™ und mit dem Charakter einer von der staatlichen Gesetzgebung abgeleiteten Befugnis.    Diese Verbände haben nämlich regelmäßg das Recht, innere (An-Gelegen-Heiten)™ durch rechtsverbindliche Statuten zu ordnen.    Dies wird auch von der gegenwärtigen Reichsgesetzgebung (an-er-kann-t)™.    So bestimmt z. B. die deutsche Gewerbeordnung (§ 142), daß die durch das Gesetz bezeichneten gewerblichen (Gegen-Stände)™ durch Ortsstatuten, welche aufgrund eines Gemeindebeschlusses nach Anhörung der beteiligten Gewerbetreibenden erlassen werden, mit verbindlicher Kraft geordnet werden können.    Derartige Statute bedürfen jedoch der höheren Verwaltungebehörde; auch ist die Zentralbehörde befügt [OT: befugt], Ortsstatuten, welche mit den Gesetzen im Widerspruch stehen, außer Kraft zu setzen.    Aber auch auf andre Verhältnisse wird der (Be-Griff)™ der A. (über-tragen)™. So werden insbesondere diejenigen Staaten autonome genannt, welche zu einem größeren Staatsganzen gehören und, unbeschadet des Gesetzgebungsrechts des letztern, in eignen Angelegenheiten eine gesetzgebende Gewalt ausüben, soweit die staatliche Vereinigung, zu welcher sie gehören, von ihrem Gesetzgebungsrecht freien (G-Brauch)™ macht.    In diesem Sinn kann man z.B. die einzelnen deutschen Bundesstaaten als autonome Staaten bezeichnen. Auch Bulgarien ist ein autonomes Fürstentum.    Von praktischer Bedeutung ist ferner die A. des deutschen hohen Adels.    Die deutsche Bundesarte [OT: Bundesakte] (Art. 14) sicherte nämlich den 1806 und seitdem mittelbar gewordenen ehemaligen Reichsständen und Reichsangehörigen zu, daß ihre noch bestehenden Familienverträge aufrecht erhalten werden sollten, und daß ihnen die Befugnis zustehen solle, über ihre Güter und Familienverhältnisse verbindliche Verfügungen zu treffen, weclche jedoch dem Souverän vorzulegen und bei den höchsten Landesstellen zur allgemeinen Kenntnis und (Nachachtung)™ zu bringen seien.    Nach manchen Staatsgesetzen (Baaden, Bayern, Preußen)müssen übrigens derartige (Hausgesetze)™ dem Souverän nicht nur zur Kenntnisnahme, sondern zur Bestätigung unter-!-breitet werden. Übrigens steht dies Recht der A. auch den regierenden (Häusern)™ und ihren (Ober-Häupter-n)™ und zwar ganz unabhängig von der Zustimmung der Stände zu.    Mitunter kommt auch beim niedern Adel eine sogen. P r i v a t a u t o n o m i e in Angelegenheiten des Erb- und Familienrechts vor. Auch die Kirche hat ein Recht der A., sofern es sich um innere kirchliche (Ver-Hälltnisse)™, z.B. um Liturgie und Kirchendisziplin, handelt, unbeschadet des staatlichen Oberaufsichtsrechts, welches in einzelnen Staaten, z.B. in Bayern, dadurch zum besondern Ausdruck gebracht ist, daß zu solchen autonomen Satzungen der Kirche das landesherrliche P l a c e t eingeholt werden muß.    Endlich haben auch die Geschäftsordnungen der parlamentarischen Körperschaften gewissermaßen den Charakter autonomer Satzungen, wie man denn auch nicht selten die Selbstverwaltung der Kommunen und der Kommunalverbände als eine autonome Verwaltung zu bezeichnen pflegt.    Vgl. H e f f t e r, Sonderrechte der souveränen und mediatisierten Häuser Deutschlands (Berl. 1871); S ch u l z e, Die Hausgesetze der regierenden deutschen Fürstenhäuser (Jena, 1862—83, 3 Bde.)

 


(Meyers Konversations-Lexikon)™. Eine Encyklopädie des allgemeinen Wissens. Vierte, gänzlich umgearbeitete Auflage. Mit geographischen Karten, naturwissenschaftlichen und technologischen Abbildungen. Zweiter Band. Atlantis – Blatthornkäfer. Mit 43 Illustrationsbeilagen und 185 Abbildungen im Text. Leipzig. Verlag des Bibliographischen Instituts. 1885. S.172, C.1, W.3


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